Als Weingeniesserin und Läuferin war der Marathon du Médoc ein Muss. Und 2005 passte alles prima. Der Marathon war am 10. September und am 3. heiratete meine Cousine in der Nähe von Bourges (F), fast auf dem Weg zwischen Aachen und Bordeaux. Und dazwischen konnte man eine Woche Urlaub planen.
Alles ging sehr schnell: Formular bekommen, sofort ausgefüllt und zum Arzt gegangen (in Frankreich braucht man ein Attest, um Marathons laufen zu dürfen), Formular, Attest und Scheck zurückgeschickt. Irgendwann im April kam die Bestätigung. Leider haben Helmut und Rainer keinen Startplatz bekommen und ich musste alleine hin.
Am Freitag (2.9.) bin ich zu meinen Grosseltern gefahren (ca. 750 km). Kurzen Besuch, denn Samstag früh musste ich schon zur Hochzeit (noch anderthalb Stunde Fahrt). Ich war mit meiner Patentante und ihrem Freund unterwegs. Die Hochzeit war eine schöne Feier. 2 Tage hat sie gedauert, wenig Schlaf, viel getrunken (bis mein Tischnachbar, ein Polizist, mir gesagt hat, ich müsste auf dem Weg zu meinem Hotel mit einer Alkohol-Kontrolle rechnen), ein gutes Médoc-Training sozusagen.
Am Montag (5.9.) bin ich zu meinem Bruder Yann gefahren (der südlich von Paris wohnt). Ich war kurz vor 12 bei ihm und als Willkommensüberraschung hatte er einen Tisch in einem edlen Restaurant reserviert. Lecker-lecker! Der Urlaub fängt gut an!
Ich hatte ein Zimmer in einem Château (Schloss) ab dienstag. Gemeinsam sind wir dahin gefahren (und somit war ich erleichtert nicht immer fahren zu müssen). Das Wetter war wechselhaft, meistens sonnig und bei der Überquerung der Gironde-Mündung (zwischen Royan und Le Verdon) konnten wir auf dem Schiff die Sonne geniessen.
Im Gegensatz zu ihrem Ruf sind die Leute aus Médoc sehr sehr freundlich. Die Leute in dem Schloss wo wir gewohnt haben waren immer nett und hilfsbereit (es war kein Problem, wegen des Marathons früher zu frühstücken, sie haben meinem Bruder einen MTB geliehen damit er neben dem Weg fahren kann, usw.). Die produzieren auch ihren eigenen Wein (den wir natürlich auch probiert haben).
Am Freitag (9.9.) ging es los: Startnummer in Pauillac abholen (und nebenbei gesagt, ein paar Chichis gegessen, eine Spezialität der Gegend die ich jedes Jahr gegessen habe, als ich klein war und dort Urlaub machte) und dann sind wir nach Saint-Sauveur gefahren, wo die Pasta-Party "Soirée 1000 Pâtes" im Hof des Château Peyrabon stattfand: Empfang im Hof mit dem Apéritif, Orchester und guter Stimmung.
Für die Pasta-Party war ein Zelt aufgebaut (immerhin 1450 Gäste). Auf dem
Menü stand:
- Tagliatelles sauce vierge (Tagliatelles mit unterschiedlichen Gemüsen und
Olivenöl, Zitrone und Basilikum)
- Nouilles chinoises sautées façon Mâo (chinesiche Nudeln mit
Scampis, Tintenfisch, Champignons, ...)
- Penne Rigate fermière (Penne Rigate mit Entenbrustfilet, Waldchampignons und -sauce)
- Fromage de brebis et sa confiture de cerise noire (Schafkäse mit Kirsche-Marmelade)
- Gâteau surprise à l'italienne façon tatin (Kuchen)
- Café
Dazu gab es jede Menge Wein aus Saint-Sauveur. Die Stimmung war Spitze, die Band hat
ganz gut gespielt und es wurde bis spät in der Nacht getanzt, getrunken, gefeiert
(ich bin bis kurz vor Mitternacht geblieben und da bin ich Yann sehr dankbar, dass er
gefahren hat... ich hatte ein bisschen zu viel getrunken -aber wie Tobias und Helmut
versprochen von jedem Wein 3 (richtige) Gläser getrunken-).
Bei der Party habe ich eine Gruppe Läufer/nicht-Läufer aus Arras kennengelernt. Einer meinte, wenn er meine Schulter betrachte, sollte ich eine Schwimmerin sein. Ääähhm ich habe lieber die Schwimmkatastrophe vom Triathlon geschwiegen und sagte nur, die 10 Jahre Handball hatten Spuren hinterlassen. Und diese Gruppe war eigentlich ursprünglich eine Handballer-Gruppe. Sofort war Freundschaft geschlossen (so schnell geht es mit den Franzosen): Guillaume, Fred (die 2 Läufer) und ich waren am Tag nachher um 9 verabredet, um den Marathon zusammen zu laufen. Der Treffpunkt war leider nicht zugänglich, so dass wir uns verpasst haben. Kurz vor dem Start erkenne ich Fred an seinem Hut (er war als Gärtner kostümiert). Ein paar Kräne wurden installiert und Tänzerinnen bewegten sich in der Luft mit nur einem Stück Stoff am Kran verbunden. Sehr schön.
Pünktlich um 9 ging es los (es hatte vorher geregnet und wir waren froh uns zu bewegen). Karneval-Stimmung. Die Kostüme sind erstaunlich. Ich bewunderte diejenige, die eine Karre schieben mit Flaschen Wein oder Bier. Fred und ich sind ein gemütliches Tempo gelaufen. Fred war zum 10. Mal dabei und kannte die Strecke (und die Weine) ziemlich gut. Er hatte mir am Vorabend abgeraten, bei jeder Verpflegungsstelle Wein zu probieren, es wäre zu viel (und die 1. kam nach 700m!). Es klang sehr vernünftig und wir haben unterwegs entschieden, welche wir unbedingt probieren wollten. Es fing bei km 8 mit dem Wein "Château du Glana". Lecker.
Kurz nachher, bei km 9 war der Château Beychevelle dran. Sehr gut, und lange habe
ich gedacht, er wäre mein Lieblingswein auf der Strecke. Gleichzeitig haben
wir auch regelmässig gegessen.
Ab und zu stand Yann am Rand mit der Videokamera. Am Anfang war es für ihn keine
einfache Sache durch die Weinberge zu fahren. Irgendwann konnte er neben uns fahren,
er wurde nur jedes Mal umgeleitet als wir den Hof eines Schloss betraten.
Der Sicht war immer wunderschön: Weinberge, Schloss mit gepflegtem Hof, meistens
Orchester da und natürlich Wein. Nach der km21-Marke haben wir öfter Wein
probiert (fast überall eigentlich). Zwei Weine waren unserer Meinung nach
ausgezeichnet: Phélan Ségur 1994 und Haut-Marbuzet 1997. Laufend wurde es mit
den anderen diskutiert und andauernd Witze erzählt.
Ich fand total klasse die Austern bei km 37, serviert mit einem Glas Weisswein
(als wir da angekommen sind, wandte sich ein Helfer an uns "Probiert unsere Austern, wir haben
22000 davon heute geöffnet", 6 habe ich gegessen, einfach lecker!). Bei km 38 roch es
wunderbar: Entrecote mit Rotwein wieder. Bei km 40 kamen noch ein Glas Rosé
und Käse. Himmlisch! Wir haben uns Zeit gelassen damit Fred auf dem Gesicht bemalt wird.
Als wir auf der langen Gerade entlang der Gironde liefen, haben wir bemerkt,
dass wir vielleicht in genau 5 Stunden ankommen könnten. Sprint auf dem letzten km und
geschafft (neue Langsamste-Zeit!). Nach dem Zieleinlauf haben wir unsere Medaille
und diverse Preise bekommen (eine Flasche Wein dazu) und wurden auch noch von einem
Journalisten interviewt.
Fazit: wunderschöner Lauf. Die Pasta-Party am Vorabend und der Spaziergang am Tag nach dem Marathon (ich musste leider schon zurückfahren) sollten auch dazu gehören. Ich war so begeistert, dass ich schon plane, nächstes Jahr wieder hinzufahren.
Sylvie